Gut fürs Klima: Drei Bio-Riesen für Krefeld
Sechs Millionen Euro für mehr Klimaschutz
Dazu braucht es innovative Ansätze, mutige Investitionen und starke Partner. Gut sechs Millionen Euro investiert der SWK-Konzern in den Bau der neuen Anlage auf dem Gelände der EGK. Sie bildet die letzte Verfahrensstufe auf dem Weg vom Abwasser – einem ständig nachwachsenden Rohstoff – zu Biomethan, also Biogas. Zur Einspeisung des erzeugten Biomethans in die nördlich der EGK verlaufende Gashochdruckleitung tätigt die Betreiberin des Gasnetzes, die Thyssengas GmbH, Investitionen in gleicher Größenordnung. Schon bis Ende 2021 sollen die Baumaßnahmen abgeschlossen sein. Die Inbetriebnahme der Anlage ist für das erste Quartal 2022 vorgesehen. „Wir werden künftig mit unserer Anlage bei optimaler Auslastung bis zu 8 Millionen Kubikmeter Biomethan pro Jahr aufbereiten können. Dabei soll möglichst die vollständige Faulgasmenge auf Erdgasnetzqualität aufbereitet und in das Gasnetz eingespeist werden“, erklärt Prof. Dr. Hermann Josef Roos, Geschäftsführer der EGK. Die Verwendungsmöglichkeiten seien vielfältig: Die ausgekoppelten Mengen könnten zur Wärmeversorgung in der Industrie oder in Privathaushalten eingesetzt werden. Auch im Verkehrssektor könne das Biogas zum Einsatz kommen. Erdgastankstellen könnten hiermit beliefert werden, so dass Fahrzeuge statt mit fossilem Erdgas künftig mit Biogas betankt werden könnten.
Die perfekte Ergänzung: Aus dem Faulgas wird zusätzlich biogenes Kohlendioxid abgeschieden und auf minus 24 Grad heruntergekühlt. Dadurch verflüssigt es sich, wird in diesem Zustand gespeichert und kann z.B. in Gewächshäusern zur Pflanzendüngung oder in der Industrie als Trockeneis eingesetzt werden. Und noch besser: Es ersetzt fossiles Kohlendioxid.
Kompetenzen im Konzernverbund
Abraham: „Bundespolitik ist gefordert!“
Die Faulgasaufbereitungsanlage am Standort der EGK in Krefeld zeigt sehr anschaulich, wie die Sektorenkopplung funktionieren kann: Entsorgungssektor, Verkehrssektor und Wärmesektor können hier in einer höchst effizienten Weise miteinander verknüpft werden.
Aber die Energiewende vor Ort funktioniere nur, erklärt Kerstin Abraham, wenn die lokalen Treiber realistische Bedingungen vorfänden. Sie sieht insbesondere die Bundespolitik in der Pflicht, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Klimaziele zu erreichen: „Es fehlen aus unserer Sicht konkrete Maßnahmen der Bundesregierung zur Erreichung der Ziele. Die Ziele sind zwar benannt, aber der „Instrumentenkasten“ zur Umsetzung fehlt, insbesondere die Genehmigungsprozesse müssen deutlich beschleunigt werden. Die regulatorischen Fesseln müssen gelöst werden, damit die Wirtschaft investieren kann - wie etwa beim dringend benötigten Ausbau des Ökostroms durch mehr Windenergieanlagen. Insgesamt benötigen wir in Deutschland einen Ausbauboom bei Erneuerbaren Energien, wie hier am Standort der EGK.“
Die Technik hinter dem Prozess
Das der Kläranlage der EGK zufließende Abwasser wird in einem zweistufigen biologischen Verfahren gereinigt. Der dabei anfallende Klärschlamm wird zunächst eingedickt und anschließend in den drei Faultürmen von Bakterien unter stringentem Ausschluss von Sauerstoff bei konstant 37 Grad „ausgefault“. Dabei bilden sich unter anderem Methangas sowie Kohlendioxid. Derzeit werden diese Faulgase nach einer einfachen Aufbereitung (Trocknung und Entschwefelung) in der Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage genutzt und verwertet. Sie dienen als Energieträger unter anderem bei der Reinigung der Rauchgase, die bei der Verbrennung von Restabfällen in der Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage entstehen. Mit dem Umstieg von der nassen Rauchgasreinigung auf das sogenannte Trockensorptionsverfahren wird das Faulgas für die bisherigen Zwecke nicht mehr benötigt. Es kann stattdessen zu Biomethan aufbereitet und ins Erdgasnetz eingespeist werden.
Die dazu in Krefeld gewählte Biogasaufbereitungstechnik funktioniert nach dem Hybridverfahren. Dieses arbeitet mit rein physikalischen Trennstufen und benötigt somit keine zusätzlichen Chemikalien wie bei einigen anderen Faulgasaufbereitungsverfahren. Im vorliegenden Fall werden das Membran- und kryogene Trennverfahren kombiniert. Mit dieser verfahrenstechnischen Anordnung ist es möglich, die Methankonzentration im Biomethan auf über 96 Prozent anzureichern.