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Der Energiekrise die Stirn geboten

Mut zahlt sich aus! Die Energiekrise der letzten anderthalb Jahren hat der Branche viel abverlangt und gerade die Vertriebsarbeit von Energieversorgern vor große Herausforderungen gestellt. Für manch einen Anbieter waren die Herausforderungen zu groß ... nicht so für die SWK. Mit kluger Strategie und viel Mut hat der Vertrieb des SWK-Konzerns der Krise die Stirn geboten. Im Interview mit dem ener|gate-Magazin e|m|w erzählt Smail Zarouali, Bereichsleiter Vertrieb der Stadtwerke Krefeld, von schweren strategischen Überlegungen und mutigen Schritten.
SWK Energiekrise Interview Vertriebsleiter Smail

e|m|w: Herr Zarouali, die Energiekrise hat zu vielen Turbulenzen im Vertriebsgeschäft geführt. Wie sind die Stadtwerke Krefeld durch die Krise gekommen?

Zarouali: Ich bin seit 15 Jahren im Geschäft und so eine herausfordernde Zeit wie zuletzt habe ich noch nie erlebt. Wir haben eine regelrechte Achterbahnfahrt bei den Börsenpreisen erlebt. Die Bundespolitik hat mit vielen Maßnahmen – denken Sie etwa an die Gasumlage, die in letzter Sekunde noch gekippt wurde, oder die Preisbremsen – versucht, die Preissteigerungen für Kunden aufzufangen. Das hat uns einen enormen Aufwand beschert. Und nicht zuletzt haben wir als Grundversorger in Krefeld tausende Kunden aufgefangen, die andere Anbieter abgestoßen hatten. Für uns bedeutete das: kalkulieren, kalkulieren, kalkulieren. Aber wir haben in diesem anspruchsvollen Marktumfeld auch Chancen gesehen – und die haben wir genutzt. Wir sind innerhalb von 14 Monaten im externen Markt um eine mittlere fünfstellige Kundenzahl gewachsen. Dieses Wachstum in einem instabilen Marktumfeld ist durchaus ein Risiko, das wir aber bewusst eingegangen sind. Wir wollen auch in Krisenzeiten unser Kundengeschäft ausbauen.

e|m|w: Wie kommt diese vergleichsweise hohe Zahl an Neukunden zustande?

Zarouali: Zu den Neukunden gehören natürlich solche, die wir in Krefeld als Grundversorger aufgefangen haben. Aber der weitaus größere Teil ist durch die Neukundenakquise im externen Markt zu uns gekommen. Wir haben die Akquisetätigkeiten im Gegensatz zu manchem Wettbewerber zu keinem Zeitpunkt eingestellt. Hinzu kommt auch anorganisches Wachstum, denn wir haben ein Portfolio von Heizstromkunden übernommen, das die Rheinenergie aufgrund von kartellrechtlichen Auflagen abgeben musste. Das Zusammenspiel dieser Faktoren macht diese Zahl aus.

e|m|w: Viele Wettbewerber haben aufgrund der hohen Preisrisiken die Neukundenakquise eingestellt, manche sogar Bestandskunden abgestoßen. Was hat Sie bewogen, den Vertrieb aufrecht zu erhalten?

Zarouali: Unsere Strategie ist darauf ausgerichtet, im Vertriebsgeschäft zu wachsen. Entsprechend sind unsere gesamten internen Prozesse darauf ausgerichtet. Das hat uns das Selbstbewusstsein gegeben, auch in einem schwierigen Marktumfeld offensiv zu agieren. Der wichtigste Punkt aus meiner Sicht ist die möglichst genaue Mengenplanung in der Beschaffung, was effiziente und regelmäßige Abstimmungsprozesse erfordert. Konkret heißt das: Unser Vertriebsteam hat sich eng mit den Kollegen aus der Beschaffung, die die Energiemengen einkaufen, und dem Controlling, das die Prognosen erstellt, abgestimmt. Denn was man ja gerade in Hochpreisphasen vermeiden möchte, ist es, Strom- oder Gasmengen am Markt nachordern zu müssen. Wir hatten allerdings schon gewisse Zusatzmengen für Wachstum eingeplant. Zudem waren wir in der Lage, genau zu tracken, wie viele Kunden wir reinholen und welche Mengen wir bereits beschafft hatten. Diese fortlaufende Abstimmung ist natürlich aufwendig. Es gab Phasen, in denen wir wöchentlich unsere Preise neu kalkuliert haben, um ein Angebot beim Kunden platzieren zu können.

e|m|w: Gerade die Abstimmung mit dem Controlling ist sicherlich nicht immer ohne Bedenken verlaufen. Schließlich gab es guten Grund zur Vorsicht. Mussten Sie Überzeugungsarbeit leisten, um an Ihrer Strategie festzuhalten?

Zarouali: Die Meetings mit dem Controlling und der Beschaffung dienen ja genau dem Ziel, die Marktsituation aus allen Perspektiven zu beleuchten und sowohl die Risiken als auch die Chancen auszuloten. Natürlich wird dabei auch mal kontrovers diskutiert. Aber es geht nicht darum, jemanden zu überzeugen, sondern vielmehr anhand von Zahlen darzustellen, dass unser Angebot werthaltig ist. Wir schauen uns an, wie viele Aufträge wir einholen, wie die aktuelle Preislage aussieht und welche Auswirkungen das im Zusammenspiel hat. Natürlich gehört am Ende auch ein Stück weit die Mentalität dazu, gewisse Risiken einzugehen. Aber wir sind in ein planbares Risiko gegangen. Wir konnten diesen Weg auch rechnerisch darstellen.

e|m|w: Ihre Strategie im Vertriebsgeschäft ist auf Wachstum ausgerichtet. Stand diese Strategie tatsächlich zu keinem Zeitpunkt der Krise zur Disposition?

Zarouali: Natürlich haben wir im Management einen Krisenstab eingerichtet, der wöchentlich zusammengekommen ist. In dieser Runde haben wir alles kritisch geprüft und hinterfragt. Aber auch in dieser Runde haben die Fakten eine klare Sprache gesprochen – und zwar für den Vertrieb. Natürlich gehört auch eine Portion unternehmerischer Mut dazu, sich in diesem Marktumfeld so zu positionieren. Diesen Weg konnten wir auch nur mit dem entsprechenden Commitment des Managements gehen. In der Rückschau lässt sich aber festhalten: Unsere Strategie im Vertrieb hat sich als krisenfest erwiesen.

e|m|w: Inwiefern hat die Krise Ihr Marketing verändert oder die Vertriebskanäle, die Sie bespielen?

Zarouali: Wir sind grundsätzlich vertrieblich sehr breit aufgestellt und nutzen verschiedene Kanäle. In dem Bereich hat sich durch die Krise auch nicht viel verändert. Wir haben aber durchaus Veränderungen im allgemeinen Stimmungsbild, die wir im Marketing aufgegriffen haben. Und zwar haben die früher teilweise belächelten Stadtwerkequalitäten wie Zuverlässigkeit, Sicherheit und gesellschaftliche Verantwortung an Zugkraft gewonnen. Diese Kriterien sind vielen Kunden in der Energiekrise wieder wichtig geworden. Als Stadtwerke Krefeld verbinden wir diese Stärken mit den Anforderungen an ein modernen, zukunftsorientierten Energiedienstleister, um uns im Wettbewerb stärker abzusetzen.

e|m|w: In den Hochzeiten der Krise waren die Vergleichsportale, die für viele Anbieter zu dem wichtigsten Vertriebskanälen gehören, phasenweise wie leergefegt. Welche Rolle spielen Vergleichsportale für Sie?

Zarouali: Die Vergleichsportale spielen für unsere Wachstumsstrategie – ganz unabhängig von der Krise – keine große Rolle. Wir haben diesen Vertriebskanal getestet und festgestellt, dass dieser Weg für uns keinen Business Case darstellt. Gerade die Billiganbieter betreiben einen Preiswettbewerb auf den großen Online-Vergleichsportalen, den wir so nicht mitgehen wollen. Deshalb gehen wir auf Distanz. Das heißt aber nicht, dass wir diesen Vertriebskanal verteufeln oder kategorisch ausschließen.

e|m|w: Schauen wir auf das jetzige Marktumfeld, wo die Preissituation sich wieder entspannt hat. Ist das für Sie weiterhin ein attraktives Marktumfeld und wie stellen Sie sich auf?

Zarouali: Zunächst einmal beobachten wir in der aktuellen Phase der Entspannung, dass der Wettbewerb wieder an Intensität gewinnt. Gerade solche Marktteilnehmer, die zwischenzeitlich ausgeschieden waren, sind nun wieder da und versuchen, mit Dumpingpreisen wieder Marktanteile zurückzuerobern. Wir haben unsererseits nicht den Anspruch, diesen Preiskampf mitzugehen, sondern setzen auf unsere Story: Ein seriöses Stadtwerk mit einem agilen und digitalen Touch. Tatsächlich akquirieren wir weiterhin erfolgreich Neukunden im externen Markt. Wir sehen aber auch Chancen durch anorganisches Wachstum, also Zukäufe von Kundenportfolien von Wettbewerbern, die den Markt verlassen. Mit solchen Akquisitionen haben wir in der Vergangenheit schon viele Erfahrungen gesammelt und entsprechende Expertise aufgebaut. Zuletzt haben wir die Kunden von Schröder Gas übernommen, einem Flüssiggasversorger, der sich aus dem Erdgasvertrieb zurückgezogen hat. Und wir sind daran interessiert, weitere Portfolien zu übernehmen. Das ist ein fester Bestandteil der Wachstumsstrategie der SWK.

 

Quelle: Das Interview wurde geführt für die aktuelle e|m|w-Ausgabe, emw-online.com